Eine Gruppe Guppys

Gemeiner Guppy

Poecilia reticulata

Der Gemeine Guppy ist eine mittlerweile weltweit verbreitete tropische Fischart. Der populäre Name „Millionenfisch“ deutet auf die lokal teilweise enorme Häufigkeit von Guppys hin. Seine Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Umweltbedingungen, seine Buntheit und sein spannendes Verhalten machen den kleinen Kärpfling zum beliebten Aquarienfisch und Forschungssubjekt.

Aus der Wildform des Guppys sind viele Zuchtformen unterschiedlichster Farben und Flossenformen gezüchtet worden. Diese Zuchtformen unterscheiden sich teilweise erheblich von den Wildtypen.

Im Freiland sind Guppys weltweit zur biologischen Bekämpfung der Malariamücke eingesetzt worden und daher in vielen Gewässern ausserhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiet anzutreffen (Neozoon).

Guppys sind sehr anpassungsfähig. Dennoch müssen sie sorgfältig gepflegt und der Wasserwechsel regelmässig durchgeführt werden.

Gruppengrösse: Guppys leben in Gruppen. Daher sollte die Gruppe mind. 10 Tiere umfassen.

Aquariengrösse: Das Aquarium sollte ein Volumen von mind. 100 Litern (80L x 35B x 40H) umfassen. Will man sie vergesellschaften, ist ein grösseres Volumen von Vorteil.

Sozialverhalten: Guppys leben sozial und müssen in Gruppen gehalten werden. Sie sind tagaktiv und ihre Aktivität hängt von der Lichtdauer und -intensität ab. Guppys pflanzen sich ganzjährig fort. Weibliche Guppys können stabile soziale Beziehungen bilden, die Männchen zeigen ein interessantes Balzverhalten.

Einrichtung: Das Aquarium sollte teilweise dicht bepflanzt sein, aber auch viel offenen Schwimmraum bieten.

Ernährung: Sie sollten eine abwechslungsreiche Kost erhalten aus feinem Futter (Flocken, Artemien), aber auch pflanzenhaltiger Nahrung.

Wasserwerte: Mittelhartes bis hartes Wasser, Gesamt- härte 10–30 °dGH, Temperatur 18–28 °C, pH-Wert 6,8 bis 8,0.

Vergesellschaftung: Guppys sollten mit Arten gleicher Grösse und ähnlichem Temperament vergesellschaftet werden, z. B. mit Mollys, Platys, Keilfleckbärblingen, aber auf keinen Fall mit grösseren Fischen wie Skalaren oder mit Arten, die an Flossen zupfen wie die Sumatrabarben.

Fortpflanzung: Guppys sind sehr vermehrungsfreudig. Bereits im Alter von 10 bis 20 Wochen pflanzen sie sich fort.

Zuchtformen: Aus der Wildform des Guppys sind viele Zuchtformen unterschiedlichster Farben und Flossenformen gezüchtet worden. Diese Zuchtformen unterscheiden sich teilweise erheblich von den Wildtypen. Auf den Kauf von Formen mit überlangen Schleierflossen sollte aus Tierschutzgründen verzichtet werden.

Allgemeine Anregungen zur Einrichtung und Ernährung

Weitere Informationen: SDAT Börsenmerkblatt zur Gruppe der Amerikanischen Salmler

Taxonomie

Guppys sind Süsswasserfische und gehören zur Familie der Zahnkärpflinge (Poeciliidae, ca. 300 Arten).

Merkmale

Guppymännchen und –weibchen unterscheiden sich deutlich in Grösse und Färbung. Die Männchen sind kleiner und graziler (1,5 bis 2,8 cm) als die grösseren, längeren und kräftigeren Weibchen (2,0 bis 4,2 cm ). Die Färbung der Männchen ist sehr variabel und häufig sehr bunt; ihre Rücken- und Schwanzflosse sind länger und ganz oder teilweise gefärbt. Die Weibchen hingegen sind dezent grau-beige gefärbt. Guppys haben einen stromlinienförmige Körperbau, so dass sie auch mit stärkeren Strömungen zurecht kommen und sehr schnelle Reaktionen und Bewegungen ausführen können (Feindabwehr, Nahrungsaufnahme).

Verbreitung

Der Gemeine Guppy ist eine mittlerweile weltweit verbreitete tropische Fischart. Der populäre Name "Millionenfisch" deutet auf die lokal teilweise enorme Häufigkeit von Guppys hin. 

Als das ursprüngliche natürliche Verbreitungsgebiet der Guppys wird Nordbrasilien, Guyana, Surinam, Venezuela, Trinidad, Tobago angeben. Heute kommen Guppys weltweit vor. Sie wurden in vielen Ländern zur Moskitobekämpfung angesiedelt, aber auch als „Faunenbereicherung“ ausgesetzt, durch den globalen Schiffsverkehr (Ballastwasser) verschleppt, als Überschuss von Züchtern ins Freiland „entsorgt“, oder sie entwischen aus Zuchtanlagen.

Guppys sind enorm anpassungsfähig und kommen in den unterschiedlichsten Gewässern mit unterschiedlicher Strömung vor. Sie besiedeln kleine Teichen, Weiher, Bäche, Flüsse, aber auch Abwässerkanäle. Meist sind diese Gewässer mit Wasserpflanzen bewachsen, sie kann aber z.B in Kanälen oder schnell fliessenden Bächen auch fehlen. In grösseren Flüssen halten sich Guppys und vor allem die Jungtiere eher im flacheren Bereich auf. Hier finden sie reichlich Deckung finden und vor grösseren Fischen geschützt sind. Sogar in Brack- und Salzwasser wurden Guppys beobachtet, was auf eine hohe Toleranz gegenüber dem Salzgehalt des Wassers hindeutet.

Guppys bewohnen grundsätzlich alle Wasserschichten. In Anwesenheit von Fressfeinden bevorzugen sie aber die Zonen, die Deckung bieten. Bei grossem Feindruck durch Vögel weichen sie in tiefere Schichten aus. Auch Alter und Geschlecht haben Einfluss darauf, wo sie sich aufhalten.

Die Art des Bodengrunds ist abhängig vom Lebensraum und kann aus Sand, Lehm, Schlamm, Kieselsteinen, Steinen und organischem Material bestehen. Bodengrund und Wasserpflanzen bieten den Guppys sowohl Schutz vor Fressfeinden als auch Nahrung.

Feinde
Guppys haben zahlreiche Fressfeinde, so fischfressende Vögel (Eisvögel, Reiher) und Fische, Käfer, Wasserwanzen und Spinnen.

Guppys sind Allesesser. Sie weiden den Bodengrund und Pflanzen ab und nehmen dabei Pflanzenteile, Mikrorganismen wie Kieselalgen, Algen oder kleine wirbellose Tiere auf. Sie nehmen auch Nahrungstücke auf, die auf der Wasseroberfläche treiben, und jagen nach kleinen Beutetieren. Auf diese Ernährungsweise weist auch ihr oberständiger Mund hin. Die Weibchen wenden mehr Zeit für die Futtersuche auf als die Männchen. Auch zeigen sie das Verhalten Abweiden häufiger, bei dem sie ihr sehr bewegliches Maul nach vorne ausstülpen.

Guppys sind tagaktiv. Ihre Aktivität hängt von der Lichtdauer und -intensität ab. In beschatteten Gewässern sind Guppys weniger lang aktiv als in gut bestrahlten Gewässern. Guppy schliessen sich zu Schwärmen zusammen. Dies ist eine Anpassung an die Anwesenheit von Räubern. Weibliche Guppys können stabile soziale Beziehungen bilden. Dabei bevorzugen sie ihnen bekannte Weibchen, mit denen sie kooperieren und zum Beispiel auskundschaften, ob ein Räuber ihnen gefährlich werden kann (predator inspection). Männliche Guppys dagegen sind sozial und räumlich mobiler, da es für sie wichtig ist, sich mit möglichst vielen Weibchen fortzupflanzen.

Fortpflanzung

Guppys pflanzen sich ganzjährig fort. Daher tragen männliche Guppys ihr farbenprächtiges Schuppenkleid fortwährend. Allerdings verändert sich die Färbung während der Balz. Die Männchen zeigen ein ausgesprochen interessantes Balzverhalten, das von vielen Forschern intensiv untersucht wurde.

Die Weibchen scheinen eine Vorliebe für Männchen mit rot-orangen Punkten zu haben. Hat es jedoch viele Männchen mit grossen rot-orangen Punkten reduziert sich diese Vorliebe. Das führt dazu, dass die Bandbreite der Muster bei den Männchen erhalten bleibt.

Im natürlichen Verbreitungsgebiet ist eine gewisse Saisonalität in der Fortpflanzung zu beobachten. Während der Regenzeit kann die Reproduktion aufgrund schlechterer Nahrungsverhältnisse eingeschränkt sein. Männchen balzen bevorzugt in der Morgen- und Abenddämmerung. Im Dämmerlicht sehen die Weibchen die Farben der Männchen besser, Fressfeinden hingegen fällt es dann schwerer, die Guppys zu entdecken.

Im Alter von 10 bis 20 Wochen pflanzen sich die Weibchen zum ersten Mal fort. Pro Jahr können sie zwei bis dreimal Junge haben. Weibchen verpaaren sich jeweils mit mehreren Männchen. Guppys sind lebendgebärend (vivipar). Die Eier werden im Innern der Weibchen befruchtet. Nach vier Wochen gebärt das Weibchen fertig entwickelte Jungtiere.

Der Nachwuchs ist gleich nach der Geburt selbständig und die Elterntiere kümmern sich nicht weiter um ihn. Die jungen Fische müssen als erstes ihre Schwimmblase an der Wasseroberfläche mit Luft füllen, damit sie ihr spezifisches Gewicht reduzieren und somit schwimmen können. Die Jungtiere schliessen sich zu Schwärmen zusammen und zeigen bereits Abwehrverhalten gegenüber Feinden. Die Anzahl Junge pro Weibchen kann variieren und hängt von dessen Grösse ab.

Guppys sind äusserst beliebte Modellorganismen in verschiedenen Forschungszweigen der Biologie. So wurden sie in der Evolutions- und Entwicklungsbiologie, der Evolutionären Ökologie, der Verhaltensforschung (Sozio- und Fortpflanzungsbiologie, Kognitionsforschung), der Genetik, der Krebsforschung sowie der Toxikologie eingesetzt.

Auch der Guppy gehört zu den kleinen Fischarten mit kurzem Lebenszyklus und hoher Reproduktionsrate, die in grosser Anzahl einfach gehalten werden können. Das macht sie für die Forschenden zum idealen Forschungsobjekt. Zudem existieren mittlerweile unzählige Stämme mit unterschiedlichen morphologischen und physiologischen Merkmalen. Wie der Medaka tolerieren auch Guppys einen relativ hohen Salzgehalt des Wassers. Im Unterschied zum Medaka sind Guppys aber lebendgebärend. Dies macht ihn für die vergleichende Forschung attraktiv.  

Eine grosse Bedeutung hat der Gemeine Guppy in der Evolutionären Ökologie, in der sich Studien zum Verhalten, der Ökologie und Evolution vereinen. Der Ansatz, Freiland- und Laborstudien zu kombinieren, wurde auf diesem Gebiet beim Guppy erfolgreich angewendet.

In einer Freilandstudie wurde das Futtersuchverhalten wilder Guppys beobachtet.

Zusammenfassungen in der Bibliothek

Arbeiten fürs Futter
Die Fütterung ist eine gute Möglichkeit, Fische zu beschäftigen. In einem Wahlversuch wählten Guppys zwar mehrheitlich das Futter, das sie ohne Aufwand erreichen konnten. Dennoch waren sie bereit, für eine weitere Mahlzeit einen Futterspender zu manipulieren (Varracchio et al. 2024). 

Gemeinsam geht's besser
Guppys leben in Gruppen. Für die Futtersuche ist das ein Vorteil, denn sie finden das Futter schneller, wenn sie in Gesellschaft ihrer Artgenossinnen und Artgenossen sind. Die Studie wurde im natürlichen Lebensraum der Guppys durchgeführt. Das hat Seltenheitswert (Snijders et al 2021).

Eine reizarme Umgebung reduziert die Hirngrösse
Umweltbedingungen haben bei Guppys einen Einfluss auf die Entwicklung des Gehirns (Burns et al, 2009).

Monographie

Kempkes, M., 2010. Die Guppys. Neue Brehm-Bücherei Bd. 662, Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben. 2 Bände (779 S.).

Diese Monographie ist eine sehr umfassende Beschreibung über die Biologie und die Zucht von Guppys.

Literatur

Snijders, L., Krause, S., Tump, A. N., Breuker, M., Ortiz, C., Rizzi, S., et al. (2021). Causal evidence for the adaptive benefits of social foraging in the wild. Commun Biol, 4, 94. (abstract)
Kudo, H., & Karino, K. (2013). Negative correlation between male ornament size and female preference intensity in a wild guppy population. Behavioral Ecology And Sociobiology, 67, 1931-1938. (abstract)
Croft, D. P., James, R., Thomas, P. O. R., Hathaway, C., Mawdsley, D., Laland, K. N., & Krause, J. (2006). Social Structure and co-operative Interactions in a Wild Population of Guppies (Poecilia reticulata). Behavioral Ecology And Sociobiology, 59, 644-650. (abstract)
Magurran, A. E. (2005). Evolutionary Ecology: The Trinidadian Guppy. (S. 206). In (S. 206). Oxford University Press.
Grether, G. F., Millie, D. F., Bryant, M. J., Reznick, D. N., & Mayea, W. (2001). Rain forest canopy cover, resource availability, and life history evolution in guppies. Ecology, 82, 1546-1559. (abstract)
Houde, A. E. (1987). Mate choice based upon naturally occurring color‐pattern variation in a guppy population. Evolution, 41, 1-10.
Noltie, D. B., & Johansen, P. H. (1986). Laboratory studies of microhabitat selection by the guppy, Poecilia reticulata (Peters). Journal Of Freshwater Ecology, 3, 299-307. (abstract)
Seghers, B. H. (1974). Schooling behavior in the guppy (Poecilia reticulata): an evolutionary response to predation. Evolution, 28, 486-489.