In der Tierschutzforschung stehen verschiedene Ansätze und Methoden zur Verfügung, um solche Fragestellung zu bearbeiten. Dafür werden Erkenntnisse aus den verschiedenen Disziplinen der Biologie, aber auch der Medizin, der Veterinärmedizin und der Humanpsychologie herangezogen. In geeigneten Versuchsanordnungen lassen sich so die Ansprüche der Tiere an Haltungssysteme ermitteln.
Messen von Wohlbefinden und Leiden
Das Wohlbefinden von Tieren kann über das Verhalten, über den gesundheitlichen Zustand des Tieres und physiologische Parameter wie beispielsweise die Herzfrequenz, Stresshormone oder immunologische Faktoren gemessen werden. Typischerweise werden Daten zu den verschiedenen Parametern (Verhalten, Physiologie, Immunologie) in Kombination aufgezeichnet, so dass man ein möglichst gutes Gesamtbild über den Zustand des Tiers erhält. Ein neueres und vielversprechendes Feld ist die Emotionsforschung bei Tieren, die neue Erkenntnisse über positive oder negative affektive Zustände bei Tieren liefert.
Präferenztests: Was wollen Tiere?
In sogenannten Präferenztests werden den Tieren zwei oder mehr Ressourcen (Futter, Sozialpartner, mehr Platz, Rückzugsort etc.) zur Auswahl angeboten. Die Tiere zeigen mit ihrem Verhalten an, welche Ressource sie bevorzugen. Die Resultate geben Aufschluss darüber, wie ein Gehege oder ein Aquarium eingerichtet werden sollte, damit die Tiere ihre Bedürfnisse decken können.
Medienbeitrag
In der Sendung Endstation Fischheim: Asyl für Nemo & Co." (Einstein SRF, 2012) geht es unter anderem um die Forschung von Verhaltensbiologin Claudia Kistler. Sie hat für ihre Dissertation Wahlversuche mit Aquarien- und Laborfischen durchgeführt.
Motivationstests: Welcher Aufwand wird betrieben?
Indem man den Zugang zu den einzelnen Ressourcen erschwert, kann man weiter erfassen, wie viel Aufwand die Tiere bereit sind zu betreiben, um an die Ressource heranzukommen. Diejenigen Ressourcen, für die viel Aufwand (gemessen in Form von Energie oder Zeit) betrieben wird, sind die begehrten. Das heisst, die Motivation des Tieres, an die entsprechende Ressource zu kommen, ist hoch.
Emotionen und Kognition: Ist das Glas halb voll oder halb leer?
Die Erforschung der Emotionen von Tieren ist ein aufstrebendes, aber äusserst anspruchsvolles Forschungsgebiet.
Aus Studien in der Humanpsychologie weiss man, dass eine Wechselwirkung zwischen Emotionen und Kognition (Informationsverarbeitung) besteht. Negative oder positive Erfahrungen wirken sich unterschiedlich darauf aus, wie eine Situation eingeschätzt wird. Beispielsweise schätzen Personen, die sich in einem negativen emotionalen Zustand befinden, uneindeutige Situation negativer ein als zufriedene Personen. Ist das Glas halb leer oder halb voll? Die Einschätzung einer Situation ist also abhängig von der emotionalen Grundstimmung (cognitive bias = kognitive Voreingenommenheit). Dieser Ansatz kann dazu dienen, in Tests herauszufinden, in welchem emotionalen Zustand sich ein Tier befindet und wie sein Wohlbefinden ist.
Bei Tieren untersucht man diese emotionale Grundstimmung, indem man beispielsweise zuvor gestresste und nicht gestresste Studientiere in uneindeutige Situationen bringt und ihre jeweilige Verhaltensreaktion darauf beobachtet.
Beispiele für Studien, die diesen Ansatz gewählt haben, gibt es in der Bibliothek (unter der Kategorie Emotionen).