Ein Aquarium mit mehreren Aquarienfischarten zu besetzen, ist bei Fischhaltern sehr beliebt. In solchen Gesellschaftsaquarien werden häufig Arten gehalten, die sich in Farbe, Form und Grösse unterscheiden. Dabei besteht aber die Gefahr, dass man Fische zusammen hält, die bezüglich ihrer Ansprüche an die Ökologie oder aufgrund ihres Charakters nicht zusammen passen.
Anhand von Neonfischen (Paracheirodon innesi), Kardinalfischen (Tanichthys albonubes), Sumatrabarben (Barbus tetrazona) und Skalaren (Pterophyllum scalare) wurde untersucht, ob eine unterschiedliche Artenzusammensetzung und die Grösse der Gruppen einen Einfluss auf das Verhalten der Fische hat. Um den Effekt der Zusammensetzung zu prüfen, wurden die drei ersten Arten mit oder ohne Skalare gehalten. Es wurde erwartet, dass von den Skalaren eine beruhigende Wirkung auf die anderen drei Arten ausgeht.
Die Sumatrabarben zeigten am meisten innerartliche Aggression, deren Ausmass sich auch nicht reduzierte, wenn Skalare im Becken waren. Die Kardinalfische zeigten ohne Skalare am meisten zwischenartliche Aggression. Die Anwesenheit von Skalaren dämpfte bei allen drei Arten die zwischenartliche Aggression, am deutlichsten bei Neonfischen und Kardinalfischen gegenüber den Sumatrabarben. Den Skalaren gegenüber waren die drei anderen Arten kaum aggressiv. Die Skalare hingegen verhielten sich nur aggressiv gegenüber den Sumatrabarben.
Das Verhalten variierte auch je nach Gruppengrösse. Kardinalfische und vor allem Neonfische zeigten deutlich weniger innerartliche Aggressivität und vermehrt Schwarmverhalten, wenn sie in grösseren Gruppen (10 Individuen) gehalten wurden. Die Skalare ( 1 oder 2 Individuen) verhielten sich neutral den andern Arten gegenüber.
Die Autoren vermuten, dass Skalare einen positiven Effekt auf die anderen drei Arten haben, da diese in ihrer Anwesenheit weniger aggressiv waren. Sie betonen auch, dass in grösseren Gruppen die Kardinal- und Neonfische vermehrt natürliches Verhalten zeigten, womit das Schwimmen im Schwarm gemeint war. Natürlich gibt es in Anbetracht der unzähligen Zierfischarten eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten. Dennoch sind solche Studien wichtig, unter anderem auch darum, weil sie Bedingungen simulieren, die relevant sind für die Praxis.
Kommentar Fischwissen
Die Autoren machen keine Angaben über das Geschlechterverhältnis der Fischgruppen. Je nach Sozialsystem kann dies einen Einfluss auf das Verhalten (Dominanz-, Territorialverhalten) haben, auch abhängig von der Gruppengrösse.
Aggressionsverhalten gehört zum normalen Verhaltensrepertoire von Fischen. Problematisch wird es dann, wenn es in übersteigertem Masse auftritt und für die Fische schädlich wird. Daher sollte zu Beginn definiert werden, welches Ausmass an Aggression als normal eingestuft werden kann, damit man Aussagen über das Wohlbefinden machen kann.
Aggressives Verhalten kann durch dominante Tiere unterdrückt werden. Dominanz wird bei Fisch häufig über die Körpergrösse definiert.
Das Verhalten einer Fischart kann auch durch einen Räuber beeinflusst werden. So könnte es auch sein, dass die Neonfische und die Kardinalfische als kleinere Fischarten den Skalar als Räuber wahrnahmen und ihr Verhalten dementsprechend anpassten. In dieser Studie könnte sich dies in der verminderten innerartlichen Aggression gezeigt haben. Dies würde aber auch die Frage aufwerfen, ob die kleineren Fischarten nicht einem Stressfaktor ausgesetzt waren, in diesem Fall dem Räuber, dem sie nicht ausweichen konnten. Würde dieser Zustand andauern, könnte dies zur einer chronischen Stresssituation werden. Dann müsste man aber den von den Autoren vermutete positive Effekt, den die Skalare auf die anderen Arten zu haben schienen, als negativen Effekt werten, der möglichweise das Wohlbefinden der betreffenden Fische beeinträchtigen kann.
Bei einer Vergesellschaftung kann es auch bezüglich der Morphologie, also der Erscheinungsform der Fische, zu Unverträglichkeiten der Arten kommen.