Wir können sowohl das Verhalten als auch physiologische Kriterien benutzen, um festzustellen, ob eine Erfahrung schmerzhaft ist für das Tier und es dadurch leidet. Eine Kombination aus verschiedenen Faktoren verbessert in der Regel die Einschätzung.
Verhalten als Messgrösse
Auf den Schmerz reagiert das Tier normalerweise mit einer Schutzhandlung (Rückzug, Flucht, Verteidigung). Schmerz kann sich im Verhalten auch über exzessive Lautäusserungen, abnorme Körperhaltungen, verändertes Fortbewegungs- oder Fressverhalten oder in Stereotypien (abnormes Verhalten ohne Funktion) äussern. Durch die schmerzhafte Erfahrung kann das Tier lernen, den schädlichen Reiz zu meiden. Das Verhalten des Tieres wird also durch die Erfahrung beeinflusst.
Physiologische Faktoren als Messgrössen
Schmerz löst zudem eine vegetative Reaktion aus (Produktion von Stresshormonen, Herzkreis-Kreislauf-Reaktion, Entzündung). Als physiologische Faktoren können zum Beispiel die Herz- oder Kiemenschlagrate oder Stresshormone gemessen werden. Aber auch Stresssituationen können einen Anstieg dieser Indikatoren hervorrufen. Im Unterschied zur Stressreaktion können bei der Schmerzreaktion Schmerzmittel die abnormen Verhalten und die physiologischen Reaktionen reduzieren.
Messungen im Fischhirn
Elektrophysiologische Messungen im Hirn von Fischen haben ergeben, dass sich nach einer Stimulation mit Schmerzreizen Hirnströme bzw. die neuronale Aktivität in Vorder- und Mittelhirn verändern. Mit molekularen Messmethoden hat man aufgezeigt, dass sich nach einer Stimulation mit Schmerzreizen die Genexpression verändert, wobei die stärksten Veränderungen im Vorderhirn auftraten. Somit sind auch bei Fischen höhere Hirnregionen in die Schmerzverarbeitung involviert. Diese Erkenntnisse machen deutlich, dass die Verhaltensreaktion von Fischen auf schmerzhafte Reize nicht einfach eine reflexartige Reaktion ist, sondern eine kognitive (wahrnehmende) Reaktion ist.