Aquarium - Unterwasserwelt

Wasserwechsel beeinflusst die Kommunikation

Fische nutzen chemische Stoffe in verschiedenen Situationen, um Informationen zu erhalten, auszutauschen oder auszusenden. Diese Stoffe werden direkt in Wasser abgegeben. Wenn nun im Aquarium ein Wasserwechsel gemacht wird, hat dies einen Einfluss auf die soziale Organisation bei Skalaren (Gauy et al 2017).

Regelmässiges Wasserwechseln gehört zum ABC der Aquaristik. Weil Fische in sehr engem Kontakt mit dem Wasser stehen, ist es sehr wichtig für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Fische, eine gute Wasserqualität zu erhalten. Das Futter und die Ausscheidungen der Fische gelangen direkt ins Wasser. Werden diese Stoffe durch das regelmässige Wechseln des Wassers nicht entfernt, sammeln sie sich stetig an. Verunreinigtes Wasser ist eine häufige Ursache dafür, dass Fische krank werden oder gar sterben.

Kommunizieren mittels Chemie

Doch das Wasser enthält auch viele Stoffe, welche die Fische für die Kommunikation nutzen. Das Austauschen von Informationen mittels chemischer Signale hat bei Fischen einen sehr hohen Stellenwert. Fische können so Fortpflanzungspartner  auswählen, sich gegenseitig erkennen, vor Feinden warnen oder die soziale Rangordnung klären. Diese Stoffe werden über den Urin und die Galle ins Wasser abgegeben. Wechselt man nun das Wasser, entfernt man eben auch diese Botenstoffe und stört somit das chemische Kommunikationssystem der Fische.

Skalare (Pterophyllum scalare) sind beliebte Aquarienfische (mehr Informationen zur Biologie im Artportrait). Als Jungfische leben sie in Gruppen. Die Autoren der Studie vermuteten, dass ein Wasserwechsel das soziale Gefüge von Skalaren empfindlich stören kann und dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Menge des ausgetauschten Wassers und dem Ausmass von Aggressionen zwischen den Individuen.

Das Aggressionsverhalten kann in zwei Kategorien unterteilt werden: Attackieren und Imponieren. Attacken sind Kämpfe mit direktem Körperkontakt. Sie sind energieaufwändig für die Fische und bergen ein hohes Verletzungsrisiko. Beim Drohen oder Imponieren halten die Fische hingegen Distanz. Dieses Verhalten ist kostet weniger Energie und verhindert Verletzungen.

Weniger ist mehr

Die Autoren verglichen das Aggressionsverhalten der Skalare, wenn 0%, 25% bzw 50% des Wasservolumens gewechselt wurde. Dabei untersuchten sie jeweils gemischtgeschlechtliche Dreiergruppen jugendlicher Skalare, die eine soziale Rangordnung ausgebildet hatten.

Es zeigte sich, dass bei einem Wasserwechsel von 50% bzw. 25% die Attacken in ihrer Anzahl zunahmen, bei 50% jedoch viel stärker. Bei 0% stieg die Anzahl Attacken hingegen nicht an. Beim 25%-Wasserwechsel sank die Häufigkeit der Attacken bereits nach einer Stunde wieder auf den Ausgangswert. Beim 50%-Wasserwechsel stiegen sie jedoch bis 24 Stunden nach dem Wechsel weiter an. Genau umgekehrt verhielt es sich mit dem Drohverhalten. Je weniger Wassermenge gewechselt wurde, desto mehr setzen die Fische auf das ritualisierte Aggressionsverhalten.

Die Autoren vermuten, dass die Skalare über chemische Signale ihre Rangordnung geklärt hatten und diese durch einen zu starken Wasserwechsel empfindlich gestört wurde. Daher schlagen sie vor, jeweils geringere Mengen Wasser pro Wasserwechsel auszutauschen, damit dieses Gefüge nicht zu stark aus dem Gleichgewicht gerät und weniger Aggressionen zwischen den Individuen entstehen. 

Biologisches Wissen wichtig für gute Haltung

Aggressives Verhalten gehört zum Verhaltensrepertoire aller Tiere. Übersteigt es jedoch das normale Mass, kann es die Tiere schädigen. Diese Studie zeigt, wie wichtig es für eine artgerechte Haltung ist zu verstehen, wie sich Fische sozial organisieren und wie sie miteinander kommunizieren (siehe auch Urin als wichtiges Signal in Konflikten). 

Literatur

Gauy, A. C. dos S., Boscolo, C. N. P., & Gonçalves-de-Freitas, E. (2017). Less water renewal reduces effects on social aggression of the cichlid Pterophyllum scalare. Applied Animal Behaviour Science. (abstract)