Die Biodiversität nimmt weltweit ab, wobei die Süsswasserökosysteme besonders betroffen sind. Zwischen 1970 und 2015 gingen 35 Prozent der natürlichen Binnen-Feuchtgebiete wie Sümpfe, Seen, Flüsse oder Teiche verloren. Verglichen mit dem Verlust von Wäldern bedeutet dies eine dreimal höhere Verlustrate.
Obwohl Süssgewässer nur weniger als ein Prozent der Erdoberfläche bedecken, beherbergen sie mehr als 10 Prozent aller bekannten Arten, darunter etwa ein Drittel der Wirbeltiere und die Hälfte der Fische.
Umfassende Analyse der Süsswasserfauna
Catherine Sayer von der IUCN in Cambridge und ihre Kollegen haben nun für diese Studie eine weltweite Bewertung der Süsswasserfauna für die Arten durchgeführt, die auf der Roten Liste der bedrohten Arten der IUCN gelistet sind. Die Analyse umfasste 23'496 Arten, darunter Fische, Libellen sowie Krebstiere wie Krabben, Krebse und Garnelen. Die der Bewertung zugrunde liegenden Daten zu diesen Arten hatten über 1'000 Expert:innen während 20 Jahren zusammengetragen.
Nahezu ein Viertel der Arten ist vom Aussterben bedroht
Die Beurteilung der zu Verfügung stehenden Daten zeigte, dass nahezu ein Viertel der Arten (24 Prozent) vom Aussterben bedroht ist. Dabei weisen die Zehnfusskrebse mit 30 Prozent den höchsten Prozentsatz auf, gefolgt von 26 Prozent bei den Süsswasserfischen und 16 Prozent bei den Libellen. Allerdings fehlen bei 23 Prozent der Süsswasserarten zuverlässige Daten, insbesondere bei den Wirbellosen (Zehnfusskrebse und Libellen). Bei den Landwirbeltieren trifft dies auf 10 Prozent der Arten zu, was zeigt, dass bei Süsswasserorganismen noch viel mehr Informationen fehlen, um deren Aussterberisiko einzuschätzen.
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Je dunkler das Gebiet eingefärbt ist, umso mehr bedrohte Süsswassertierarten leben dort. Der Viktoriasee in Ostafrika, der Titicacasee in Südamerika, die Feuchtgebiete in Sri Lanka und die Westghats in Indien weisen die höchste Anzahl bedrohter Süsswasserarten auf. © Sayer et al. / Nature CC BY 4.0
Ursachen des Aussterbens
Die Ursachen für den schlechten Zustand der Wasserfauna sind zahlreich. Bei 54 Prozent der bedrohten Arten sind Wasserverschmutzung, Staudämme, die Landwirtschaft sowie invasive Arten und Krankheiten die Hauptursachen für diese Entwicklung, wobei 84 Prozent der Arten durch mehr als einen dieser Faktoren betroffen sind. Sie führen zu Verlust und Schädigung der Süsswasserlebensräume. Zudem spielt auch die Überfischung eine Rolle.
Der Schutz der Süsswasserfauna braucht spezifische Massnahmen
Zwar bedrohen diese menschlichen Aktivitäten wie intensive Landwirtschaft und invasive Arten auch Landwirbeltiere. Doch durch die Wassernutzung und -verschmutzung ist Süsswasserfauna in besonderem Masse betroffen. Zudem sind die Wasserlebensräume oftmals stark fragmentiert. Daher braucht es für den Schutz der Süsswasserfauna spezifische Massnahmen, insbesondere im Wassermanagement.
Hohe Artenvielfalt stabilisiert Ökosysteme
Die Artenvielfalt trägt zu einem gesunden Ökosystem bei und wirkt sich positiv auf den Nährstoffkreislauf oder funktionierende aquatische Ökosysteme aus. Daher wäre es wichtig, den Status in der Bedrohung auch bei weiteren Organismengruppen wie Weichtiere (Mollusken), Insekten wie Köcher-, Eintags- oder Steinfliegen, deren Larven sich im Wasser entwickeln, aber auch Wasserpflanzen und Pilze zu untersuchen.
Die Situation in der Schweiz
Auch in der Schweiz sind viele Süsswasserarten bedroht. Bei den Fischen sind 65 Prozent der Fischarten vom Aussterben bedroht oder gefährdet, ebenso alle vier Flusskrebsarten (Edelkrebs, Steinkrebs, Italienischer Dohlenkrebs, Dohlenkrebs), deren Bestände rückläufig sind. Ausserdem sind 62 Prozent der Gewässerinsekten und über die Hälfte der an Gewässer und Moore gebundenen Pflanzenarten gefährdet oder bereits ausgestorben. Die Gründe sind ebenfalls die starke Nutzung der Gewässer durch den Menschen, dazu kommt die Klimaerwärmung, die zusätzlich zum Artenschwund beiträgt.