Zebrafische (Danio rerio) leben natürlicherweise in Gruppen. Die Gruppe bietet verschiedene Vorteile, unter anderem Sicherheit und Schutz. In der Zucht der Forschungslaboratorien wachsen Zebrafische üblicherweise mit Artgenossen auf. Für verschiedene experimentelle Tests hingegen werden sie häufig isoliert und in Einzelhaltung getestet. Es ist nicht auszuschliessen, dass das Isolieren von der Gruppe einen Einfluss auf das Verhalten und die Physiologie der Fische und somit auch auf die Resultate der Test hat.
Gängige Verhaltenstest
Eine experimentelle Anreicherung der Haltungsumgebung (Enrichment) wird zunehmend auch für die Laborhaltung gefordert. Bisher wurden solche Anreicherungen meist in der Gruppenhaltung getestet, weniger bei einzeln gehaltenen Individuen.
Um die Wirkung von Einrichtungen zu erfassen, gibt es verschiedene Testanordnungen, in denen man das Angstverhalten von Tieren in einer ungewohnten oder beängstigenden Situation misst. So untersucht man zum Beispiel im Test der neuen Umgebung oder im Hell-Dunkel-Test, wie gut die Fische mit diesen Situationen zurecht kommen. Dabei macht man sich zunutze, dass Fische in einer neuen Umgebung dazu tendieren, Richtung Boden zu schwimmen (Geotaxis) und die neue Umgebung zu erkunden beziehungsweise eine dunkle Umgebung bevorzugen, die Schutz bietet (Skototaxis). Im Präferenz-Test lässt man die Fische zwischen verschiedenen Ressourcen wie zum Beispiel unterschiedliche Einrichtungen oder Sozialpartner wählen.
Wie beeinflussen künstliche Pflanzen das Verhalten?
In der vorliegenden Studie wurden alle drei Ansätze angewendet, weil die einzelnen Ansätze zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Zum einen wollten die Autoren herausfinden, ob eine Anreicherung mit künstlichen Pflanzen das Angstverhalten beeinflussen kann und zum anderen, ob die Zebrafische der Anreicherung oder den Artgenossen den Vorzug geben. Dazu wurden in einem ersten Schritt zufällig ausgewählte Individuen auf die folgenden vier Haltungsumgebungen verteilt: Einzelhaltung mit Anreicherung (Gruppe 1), Einzelhaltung ohne Anreicherung (Gruppe 2), Gruppenhaltung mit Anreicherung (Gruppe 3) und Gruppenhaltung ohne Anreicherung (Gruppe 4). Die Anreicherung bestand aus einer grösseren künstlichen Pflanze.
In einem zweiten Schritt wurden aus jeder dieser Gruppen Individuen zufällig ausgewählt und den drei verschiedenen Testanordnungen ausgesetzt. Im Test zur neuen Umgebung wurde ein neues, leeres Aquarium und im Hell-Dunkel-Test ein in ein schwarzes und ein weisses Abteil unterteiltes Aquarium verwendet. Im Präferenz-Test war das Testaquarium in drei Bereiche unterteilt. Hier hatten die Fische die Wahl zwischen einer künstlichen Pflanze und Artgenossen, die je in den äusseren Bereich angeboten wurden.
Fehlende Einrichung macht Zebrafische ängstlicher
Es zeigte sich, dass die Zebrafische aus der Einzelhaltung ohne Anreicherung eine neue Umgebung weniger auskundschafteten sowie weniger lang im hellen Abteil aufhielten als die Individuen der anderen Gruppen. Zudem hielten sie sich wie die Individuen aus Gruppenhaltung mit und ohne Anreicherung bevorzugt in der Nähe ihrer Artgenossen auf und suchten das Abteil mit der neuen Pflanze weniger auf. Möglicherweise mieden sie die angebotene Pflanze im Präferenztest als neues Objekt. Viele Fischarten reagieren vorsichtig oder ängstlich auf neue Objekte in ihrer Umgebung.
Die Autoren kommen zum Schluss, dass Zebrafische durch eine Einzelhaltung ohne jegliche Anreicherung der Umgebung (Enrichment) in ihrem Erkundungsverhalten beeinflusst werden, weil sie in den Tests vermehrt Angstreaktionen zeigten. Sie gehen davon aus, dass Zebrafische, die einzeln getestet werden, von einer Anreicherung mit künstlichen Pflanzen profitieren.