Der Gestreifte Marlin (Kajikia audax) gehört zu der Familie der Speerfische. Der Familienname rührt von der langen und speerartig zulaufenden Struktur am Kopf her. Marline jagen häufig in Gruppen, wobei der gefährliche Speer in dieser Situation Probleme mit sich bringt, denn die Jagd erfolgt jeweils in rasantem Tempo. Marline gehören mit zu den schnellsten Tieren, die im Meer leben. Daher müssen sie aufpassen, dass sie sich bei der gemeinsamen Jagd auf Fischschwärme nicht gegenseitig verletzen.
Bekannt war bisher, dass die Marline wie viele andere Fischarten ihre Körperfarbe ändern können. Hingegen blieb die Frage nach dem Warum bisher unbeantwortet. Gestreifte Marline tragen auf ihrem dunkelblauen Rücken ein Muster mit bis zu 22 blau-graue Streifen, ihre Unterseite ist silberweiss gefärbt. Eine Gruppe um die Wissenschaftlerin Alicia Burns vermutet nun aufgrund ihrer Beobachtungen, dass die Marline über die Farbänderung des Streifenmusters einander mitteilen, dass sie einen Angriff auf ihre Beute starten wollen, und so Zusammenstössen vorbeugen.
Blitzschneller Kontrastwechsel signalisiert den Artgenossen einen Angriff…
Mit Hilfe von hochauflösenden Video-Drohnenaufnahmen konnten sie nachweisen, dass die Marline den Kontrast ihres Streifenmusters intensivieren, kurz bevor sie einen Fischschwarm attackieren, in diesem Fall Pazifische Sardinen (Sardinops sagax). Nach der Attacke schwächte sich der Kontrast sofort wieder auf das normale Niveau ab.
Dieser Farbwechsel erfolgte jeweils sehr schnell, im Durchschnitt innerhalb von zehn Sekunden. Der Mechanismus auf des physiologischen Ebene, der diesen Wechsel auslöst, betrifft die Idiophoren in der Haut. Idiophoren sind Pigmentzellen, die durch Kontraktion besser sichtbar werden. Sie wandern an die Oberfläche und reflektieren dabei eine helle kobaltblaue Wellenlänge im vorderen Kopfbrustbereich und an den Schwanz- und Brustflossen. Dadurch verstärkt sich der Kontrast der blau-grauen seitlichen Streifen.
Die Autor:innen verglichen jeweils das Streifenmuster zwischen den Individuen der gemeinsam jagenden Merlingruppe. Die Daten zeigten, dass es immer das attackierende Individuum war, das den höchsten Kontrast im Streifenmuster aufwies. Und bevor es begann, den Kontrast wieder zu verringern, verstärkte der nächste Angreifer in Gruppe den Kontrast.
Der Farbwechsel erfolgte unabhängig davon, wieviele Marline bei der Gruppenjagd zugegen waren. Zuweilen wurden Sardinen vom Schwarm isoliert und von einem einzelnen Marlin verfolgt und attackiert. In diesem Fall verstärkte der Marlin den Farbkontrast weniger stark als bei der gemeinsamen Attacke auf den ganzen Schwarm. Da der Angriff auf Schwarmfische länger dauert als auf einzelne Fische, steigt vermutlich die Gefahr, mit den Artgenossen, die auch Konkurrenten um Nahrung sind, ins Gehege zu kommen.
Eine weitere Funktion könnte sein, dass die Beutefische durch den Farbwechsel den angreifenden Fressfeind schlechter wahrnehmen können und somit die hoch koordinierten Bewegungsmuster der Schwarmfische gestört werden.
… und verhindert gegenseitiges Verletzen
Es scheint also, dass ein Marlin mit dem intensivierten Farbenkontrast ein verlässliches optische Signal an die Artgenossen aussendet und ihnen so mitteilt, dass er die Absicht hat, die Beute anzugreifen. Sie koordinieren so ihre rasante Jagd auf Fischschwärme und können dabei gegenseitige Verletzungen mit dem langen Speer vermeiden.
Gestreifte Marline (Kajikia audax) auf der gemeinsamen Jagd auf einen Fischschwarm. Die Marline signalsieren sich gegenseitig ihre Absicht, in den Fischschwarm vorzustossen, indem sie einen Farbwechsel vollziehen. Kurz vor dem Angriff verstärkt jeweils das angreifende Individuum den Kontrast seines Streifenmusters auf dem Rücken. Damit können sie verhindern, dass sie sich gegenseitig mit dem gefährlichen Speer verletzen. © Leonardo Gonzalez / AdobeStock