Aquarium - Unterwasserwelt

Zebrafische erkennen ihre Pflegerinnen

Zebrafische können Laborroutinen wie Füttern oder Fangstress mit den ausführenden Personen verknüpfen. Das könnte helfen, den stressigen Laboralltag für die Fische zu optimieren (Miller et al. 2023).

Zebrafische (Danio rerio) sind beliebte Aquarien- und Laborfische. Diese kleinen Flitzer erkennen nicht nur ihre Artgenossen, sondern sie unterscheiden auch zwischen ihren menschlichen Betreuerinnen, wie eine aktuelle Studie zeigte. Im Experiment lernten sie schnell, eine Tätigkeit mit der ausführenden Person zu verknüpfen.

Die zwei getesteten Tätigkeiten waren "Füttern in einem bestimmten Bereich" und "Fangnetz im Wasser schwenken", also eine angenehme und eine stressige Laborroutine. Vor deren Ausführung präsentierten die Tierpflegerinnen den Fischen jeweils ihr Gesicht von allen Seiten und nah am Aquarium. Am Versuchsende hielten sich mehr Fische am Fütterungsort auf, wenn die Person, die jeweils gefüttert hatte, ans Aquarium trat als bei der Person, die die Fische zuvor gestresst hatte. Die Fische hatten also gelernt, die Personen je nach Laborroutine zu unterscheiden.

Allerdings konnte mit dieser Versuchsanordnung nicht nachgewiesen werden, welche visuellen Reize die Zebrafische fürs Erkennen nutzten, also ob sie tatsächlich die Gesichter der Personen erkannten oder an anderen Signalen wie bestimmte Verhaltensweisen oder gar Kleiderfarben. Dies müsste in weiteren Studien untersucht werden.

Die Autorinnen regen an, in einem nächsten Schritt die Gesichter der Tierpflegerinnen isoliert vom Körper zu zeigen, um herauszufinden, ob Zebrafische tatsächlich menschliche Gesichter von realen Personen erkennen können. Zudem wären physiologische Parameter wie Stresshormone eine wertvolle Ergänzung zu den Verhaltensdaten. Dennoch sind die Resultate ein weiterer Beweis dafür, dass auch so kleine Fische wie Zebrafische beachtliche kognitive Fähigkeiten aufweisen.

Der Alltag von Tieren in Gefangenschaft kann langweilig sein. Etwas Abwechslung mithilfe von Environmental Enrichment zeigte in verschiedenen Studien einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden der Tiere. Diese Anreicherung kann beispielsweise via eine abwechslungsreiche Fütterung, Einrichtung oder auch geruchliche Stimulation erfolgen.

Allerdings können Ereignisse wie das Einfangen für medizinische Untersuchungen oder Routinen wie das Putzen des Geheges oder des Aquariums für die Tiere stressig sein, besonders wenn sich das Ereignis für sie nicht vorhersehbar oder kontrollierbar ereignet.

Daher sollte man sich überlegen, wie man potentiell stressige Situationen für die Tiere minimieren kann. Eine Möglichkeit, diese Ereignisse vorhersehbar zu machen, ist zum Beispiel, sie mit einem Signal anzukündigen. Auch die Tierpfleger:innen selber könnten als Signal dienen, denn häufig werden Tiere von den gleichen Personen gepflegt.

Tiere erkennen menschliche Gesichter

Verschiedene Tierarten können nachweislich menschliche Gesichter erkennen, darunter die Schützenfische (Toxotes chatareus) (s. Beitrag «Dein Fisch erkennt dich»). Die Schützenfische lernten im Experiment, auf Bildschirmen verschiedene Gesichter nach bekannten und unbekannten Gesichtern zu unterscheiden.

Ob Fische auch die realen, dreidimensionalen Gesichter von verschiedenen Pflegepersonen unterscheiden können? Möglicherweise könnte dies helfen, die Situation für die Fische vorhersehbarer zu machen, wenn sie die Person als Signal für ein positives bzw. negatives Ereignis erkennen. Gerade Laborfische sind vielen potentiell unangenehmen Situationen ausgesetzt und könnten von einer optimierten Pflege profitieren.

Zebrafische sind kognitiv fit

Zebrafische sind fähig, verschiedene kognitiv komplexe Aufgaben zu meistern. Sie haben zum Beispiel ein episodisches Gedächtnis, d.h. sie erinnern sich, was sie wann und wo gesehen haben (Hamilton 2016], können zwischen Objekten unterschiedlicher Form und Farbe (Oliveira et al., 2015) und zwischen unbekannten und ihnen vertrauten Artgenossen unterscheiden (Madeira, 2017). Nun hat sich mit dieser Studie gezeigt, dass sie auch zwischen verschiedenen Pflegepersonen und somit vermutlich zwischen menschlichen Gesichtern unterscheiden können.

Um herauszufinden, ob Zebrafische zwischen zwei Menschen unterscheiden können, wurden sie in zwei Gruppen unterteilt und auf kleine Testaquarien (Länge = 65cm) verteilt. Die Testaquarien waren in drei Bereiche unterteilt. Am einen Ende war das Aquarium mit künstlichen Pflanzen angereichert. Am anderen Ende wurden die Fische jeweils durch einen Ring gefüttert.

Im Experiment traten die Pflegepersonen an die Testaquarien heran und zeigten den Fischen ihr Gesicht während 30 Sekunden, und zwar von vorne sowie die linke und als auch die rechte Gesichtshälfte. Danach notierten sie, wo im Aquarium sich die Mehrheit der Fische (75%) aufhielten.

Anschliessend fütterte die eine Pflegeperson jeweils Gruppe 1 und stresste Gruppe 2 mit einem Fangnetz im Fütterungsbereich, während die andere Pflegeperson jeweils Gruppe 1 stresste und Gruppe 2 fütterte. Das Fangnetz wurde jeweils im Fütterungsbereich für 10 Sekunden in einer Acht durchs Wasser geschwenkt. Das Füttern ist eine positive Erfahrung für die Fische, während das Fangnetz in Labors üblicherweise eingesetzt wird, um Fische einzufangen, also eine unangenehme Situation darstellt.

Die Resultate zeigten, dass die Zebrafische tatsächlich zwischen den beiden Pflegepersonen unterscheiden konnten. Im Verlaufe des Experiments stieg der Anteil der Fische, die sich bei der fütternden Pflegeperson Fische im Fütterungsbereich aufhielten von 40 auf 60 Prozent an, während sich dieser Anteil bei der stressenden Person nicht veränderte. Am Ende des Experiments nach 12 Tagen war die Anzahl Fische im Fütterungsbereich bei der fütternden Pflegeperson signifikant höher als bei der stressenden Person. Trotz der relativ kleinen Aquarien (Länge = 65cm) zeigten die Zebrafische also eine deutliche Reaktion auf die unterschiedlichen Behandlungen.

Allerdings sank die Anzahl Fische im Fütterungsbereich während der Stresssituation nicht wie erwartet, sondern blieb stabil. Die Autorinnen vermuten, dass die Dauer der Stresssituation – das Schwenken des Fangnetzes – nicht lange und bedrohlich genug war, als dass die Fische ihr Verhalten anpassten und den Fütterungsbereich mieden und so dem Stressor schon im Vornherein auswichen.

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Literatur

Miller, S. L., Leri, F., Pushinsky, A., Franks, B., DePasquale, C., & Braithwaite, V. A. (2023). Zebrafish (Danio rerio) distinguish between two human caretakers and their associated roles within a captive environment. Applied Animal Behaviour Science, 267, 106053. (abstract)
Madeira, N., & Oliveira, R. F. (2017). Long-Term Social Recognition Memory in Zebrafish. Zebrafish, 14, 305-310. (abstract)
Hamilton, T. J., Myggland, A., Duperreault, E., May, Z., Gallup, J., Powell, R. A., et al. (2016). Episodic-like memory in zebrafish. Animal Cognition, 19, 1071-1079. (abstract)
Oliveira, J., Silveira, M., Chacon, D., & Luchiari, A. (2015). The zebrafish world of colors and shapes: preference and discrimination. Zebrafish, 12, 166-73. (abstract)