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Dreistachliger Stichling

Gasterosteus aculeatus

Der Anpassungskünstler

Der Dreistachlige Stichling (Gasterosteus aculeatus) ist in der Biologie eine Berühmtheit. Nicht nur hat er mit seinem Verhalten und insbesondere seinem Fortpflanzungsverhalten dem Zoologen Niko Tinbergen, einem der bekanntesten Verhaltensforscher, zu Nobelpreiswürden verholfen. Er weist auch eine äusserst spannende Entwicklungsgeschichte auf, die seine Anpassungsfähigkeit widerspiegelt und vielen Forschungsfragen zugrunde liegt. Sein Verhalten hat auch in der Aquaristik Begeisterung ausgelöst. Den Namen trägt er wegen der drei beweglichen Stacheln, die er auf dem Rücken trägt.

Gruppengrösse
Stichlinge sollten in Gruppen gehalten werden. Da Männchen territorial und gegeneinander aggressiv werden, ist es ratsam, eine Gruppe aus einem Männchen und mehreren Weibchen zu halten.

Aquariengrösse
Stichlinge sind sehr schwimmfreudige Fische. Deshalb brauchen sie ein grosses Aquarium von mind. 400 Litern.

Einrichtung
Das Aquarium sollte mit vielen verschiedenen Verstecken (Wurzeln, Steine, Höhlen) unterschiedlicher Grösse eingerichtet und mit robusten Pflanzen bepflanzt sein. Stichlinge suchen oft am Boden nach Nahrung, daher muss das Aquarium ein geeignetes Bodensubstrat aufweisen, empfehlenswert ist ein Sandkiesgemisch. Die Beleuchtung sollte nicht zu hell sein. Von Vorteil ist, hellere und dunklere Bereiche anzubieten.

Futter
Stichlinge haben ein breites Nahrungsspektrum und fressen vorwiegend lebende Beute (Zooplankton, Mückenlarven, Fischeier), die sie visuell jagen. In der Haltung kann man ihnen Blutwürmer (Wasserlarven von Chironomus-Mückenarten), aber auch Daphnien und Cylcops anbieten. Erwachsene Tiere erhalten 20-25% ihres Körpergewichts. Die Tagesration sollte verteilt über den Tag angeboten werden.

Wasserwerte
Stichlinge können nur in Kaltwasseraquarien gehalten werden, daher muss das Aquarium kühl stehen. Kalkarmes Wasser, Temperatur: 4 - 22°C (im Sommer kurze Zeit bis max. ca. 25°C), pH  6.5 - 7.5, Gesamthärte 3 - 15 °dGH. Auf eine gute Filterung und Sauerstoffversorgung muss geachtet werden.
Diese Art kann auch in Brackwasser gehalten werden, was aber aufwändiger ist, da das Wasser mit Salz aufbereitet werden muss.

Vergesellschaftung
Bei einer Vergesellschaftung ist zu beachten, dass Stichlinge kleinere Fische als Nahrung ansehen, auch von einer gemeinsamen Haltung mit Garnelen ist abzuraten. Sie können mit anderen Kaltwasserfischen wie Bitterlinge oder Moderlieschen zusammengehalten werden. Diese Arten müssen auch in Gruppen gehalten werden.
 

Taxonomie

Die Dreistachligen Stichlinge gehören innerhalb der Ordnung der Barschartigen (Perciformes) zur Familie der Stichlinge (Gasterosteidae). Die Schweizer Stichlingspopulationen bilden einen Komplex, der aus mehreren voneinander abweichenden Abstammungslinien besteht: die nordöstliche (Ostseeregion), die nordwestliche (Rhein) und die südwestliche Linie (Rhone). 

Das Schweizer Mittelland ist eine Zone, wo diese drei Linien infolge von aktiven Aussetzungen durch den Menschen vor ca. 140 Jahren im Verlaufe der Zeit miteinander in Kontakt gekommen sind. Damit einher ging eine erhöhte Vielfalt der äusseren Merkmale sowie der genetischen Vielfalt, was auf eine Hybridisierung, also eine Vermischung der Linien, hindeutet (Lucek 2010, Hudson 2023). 

Merkmale

Stichlinge sind eher kleine Fische von ca. 5 bis max. 10cm Länge. Die im Bodensee lebenden Individuen gehören mit 10cm zu den weltweit grössten Stichlingen (Hudson 2021). Anstelle von Schuppen besitzen sie zwei bis mehr als 30 dicke Knochenplatten an den Körperseiten und zwei bis vier zu langen Dornen umgebildete Rückenflossen. Beides schützt die Stichlinge vor Fressfeinden.

Die Stichlinge unterscheiden sich je nach Lebensraum. Bei den marinen Formen bedecken die Knochenplatten die Körperseiten vollständig bis zur Schwanzflosse, während die Süsswasserarten weniger Knochenplatten aufweisen, die auf den vorderen Teil beschränkt sind. Die Stichlinge, die ursprünglich in der Schweiz vorkamen, waren vom Typ mit wenig Knochenplatten, der typische Phenotyp für die Populationen aus Nordwest-Europa. Heute kommt bei den Stichlingen in der Schweiz das ganze Spektrum dieser äusseren Merkmale vor, von vollständiger über eine teilweise bis zu geringer Bedeckung mit Knochenplatten.

In Bächen sind die Fische kleiner und sind weniger gepanzert als diejenigen, die in Seen leben.
Genetische Analysen von Stichlingen aus dem Bodensee zeigten, dass diese Ökotypen vor erst ca. 150 Jahren entstanden, als die Stichlinge begannen dieses Gewässer zu besiedeln (s. Verbreitung).

Stichlinge weisen Unterschiede in den Geschlechtern auf, wobei die Männchen einen grösseren Kopf und einen grösseren Mund haben (Dahms 2024) und die Weibchen eine leichte Einbuchtung im oberen Schädelbereich auweisen können (Blaker 2022). Während der Fortpflanzungszeit entwickeln die Männchen zudem eine charakteristische rote Färbung an Kehle und Bauch (Blaker 2022).

Stichlinge können ihre Farbe dem Hintergrund anpassen, auch zur Feindvermeidung.

Verbreitung

Der Dreistachlige Stichling ist ein in den gemässigten und borealen Regionen der Nordhalbkugel weit verbreiteter Artenkomplex, der aus einer bemerkenswerten adaptiven Radiation entstanden ist. Die adaptive Radiation beschreibt die Auffächerung einer wenig spezialisierten Art in mehrere, stärker spezialisierte Arten durch Anpassungen an die neue Umwelt. Dieser Artenkomplex besteht aus vielen verschiedenen Ökotypen mit unterschiedlichen Merkmalen bezüglich Morphologie, Physiologie, Verhalten und Lebensgeschichte (Blaker 2022).

Vermutlich stammen Stichlinge ursprünglich aus dem Pazifik, von wo aus sie über den arktischen Ozean in die nördlichen Ränder des Atlantiks einwanderten. Von hier aus verbreitete er sich im Mittelmeerraum und schliesslich in Nord- und Westeuropa. Nach der letzten Eiszeit hat er zudem seine Verbreitung vom Meer in die Süssgewässer ausgedehnt. Im Zuge dieser Entwicklung haben sich zusätzlich zu den marinen Arten neue Populationen entwickelt, die zwischen dem Meer und dem Süsswasser hin- und herwechseln oder nur noch im Süsswasser leben. Hier leben sie entweder in Flüssen oder Seen und besiedeln in den Seen entweder den freien Gewässerbereich (pelagisch) oder den Seeboden (benthisch) (Lucek 2010).

Verbreitung in der Schweiz

In der Schweiz waren Stichlinge ursprünglich nicht sehr weit verbreitet und kamen bis in die 1870er Jahre nur im äussersten Nordwesten in den Zuflüssen des Rheins bei Basel nördlich des Jura vor. Kurze Zeit später wurden Stichlinge mehrfach eingeführt und zwar zuerst in Österreich flussaufwärts vom Bodensee sowie in einen Fluss in der Nähe von Genf, der in den Genfersee mündet.  Zu Beginn des 20. Jahrhunderts folgten weitere Freisetzungen im Einzugsgebiet des Neuenburgersees und in der Rhone im Wallis. Zudem entnahmen Händler aus der Basler Population Individuen für die Aquaristik, in der insbesondere die farbigen Männchen beliebt waren. In der Folge haben sich die Stichlinge rasch ins Mittelland ausgebreitet, wo sie in vielen Gewässern vorkommen (Lucek 2010).

Stichlinge sind sehr anpassungsfähige Fische und leben in unterschiedlichen Lebensräumen. Im Meer besiedeln sie Meeresküsten und Brackgewässer. Im Süsswasser leben sie in Stillgewässern wie Teiche oder Seen und in ruhigen Bereichen von Bächen und Flüssen. In den Seen leben sie sowohl im Ufer- als auch im Freiwasserbereich (Lucek 2010).

Somit ist auch der Untergrund unterschiedlich. Ebenso kommen innerhalb eines Lebensraums wie z.B. in kleineren Flüssen verschiedene Abschnitte mit Schlick und Sand oder mit Kies und Totholz vor (Webster 2004).

Stichlinge haben eine Reihe von Fressfeinden, darunter Wirbellose, verschiedene Fischarten, Reptilen, Säugetiere und diverse Vogelarten. Blutegel, Schwimmkäfer und Libellenlarven fressen ihre Eier und Larven (Ostlund-Nilsson 2007).

Je nachdem, welchen Lebensraum die Stichlinge besiedeln, unterscheidet sich die Nahrung etwas. Stichlinge, die in der Uferzone des Bodensees leben, fressen Zuckmückenlarven oder Flohkrebse, während diejenigen, die das Freiwasser besiedeln, eher Zooplankton wie Kleinkrebse oder die Larven vieler Wasserorganismen fressen. Interessanterweise hat dieser Stichlingstyp einen grösseren Kiefervorsprung entwickelt, der es ihnen erlaubt, das Zooplankton besser fangen zu können (Hudson 2021, Ogorelec 2022). 

Untersuchungen haben gezeigt, dass im Süsswasser lebende Stichlinge Anpassungen in ihrem Stoffwechsel entwickelt haben, die sie von ihren marinen Vorfahren unterscheiden. Sie weisen mehr Kopien eines Gens auf, das für Aufbau von langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren zentral ist. Häufig ist die Nahrung im Uferbereich oder in Flüssen qualitativ weniger hochwertig, sodass Stichlinge mit dieser genetischen Ausstattung die essentiellen Fettsäuren besser aufbauen und damit auch diese Lebensräume besiedeln können. Die Stichlinge im Freiwasser weisen allerdings weniger Kopien dieses Gens auf. Sie haben mit einer morphologischen Anpassung reagiert, die es ihnen erlaubt, hochwertiges Zooplankton effizienter zu fangen (Hudson 2021). 

Stichlinge erkennen einander am Geruch

Ausserhalb der Fortpflanzungszeit leben junge und erwachsene Stichlinge in losen gemischtgeschlechtlichen Gruppen. Mit wem sie sich in Gruppen zusammentun, hängt davon ab, ob sie mit den anderen Individuen verwandt sind oder ob sie diese kennen bzw. ihnen vertraut sind. Es ist bekannt, dass Stichlinge verwandte von unverwandten Individuen anhand des Geruchs unterscheiden können (Mehlis 2008).

Die Männchen erkennen auch ihr Gelege am Geruch. Werden ihnen fremde Eier untergejubelt, fressen sie das Gelege auf mit grosser Wahrscheinlichkeit auf (Frommen 2007).

Individuen beider Altersklassen bevorzugen es, mit verwandten Artgenossen zu schwimmen oder mit Artgenossen, die zwar nicht verwandt sind, die sie jedoch kennen. Hingegen mögen sie unvertraute, nicht verwandte Artgenossen nicht besonders. Bei der Verwandtenerkennung scheint ein Lernzprozess beteiligt zu sein, da sie alle Fische als Verwandte wahrnehmen, mit denen sie aufgewachsen sind, und verwandte Individuen erkennen, ob sie ihnen vertraut sind oder nicht (Frommen 2004, 2013).

Fortpflanzung

Zu Beginn der Fortpflanzung entwickelt das Männchen sogenannte sekundäre Geschlechtsmerkmale, indem sich seine Wangen und die Kehle sowie sein Bauch rot und die Iris blau verfärben. Diese Farben sind wichtig für den Fortpflanzungserfolg. Während Paarungszeit weist das Weibchen eine erhöhte visuelle Empfindlichkeit für Rot auf, was darauf hindeutet, dass diese Vorliebe für Rot der Grund ist, dass sich diese hochzeitliche Rotfärbung des Männchens evolviert hat. Gegenüber röteren Männchen scheinen andere Männchen aggressiver zu sein, allerdings hängt es von der Umwelt ab, wie die Stichlinge dieses Rot wahrnehmen (Ostlund-Nilsson 2007).

Die rote Farbe muss das Männchen über die Nahrung aufnehmen, insbesondere über kleine Krebse. Die Stärke des Rots korreliert dabei mit dem Gehalt an Carotinoiden in der Nahrung. Die rote Färbung ist ein sogenanntes «ehrliches Signal», denn es zeigt dem Weibchen den tatsächlichen körperlichen und gesundheitlichen Zustand des Männchens an und somit, ob er eine gute Brutpflege leisten kann. In diesem Zusammenhang wurde auch gezeigt, dass beide Geschlechter eine Vorliebe für rote Objekte haben (Ostlund-Nilsson 2007).

Baumeister und Tänzer

Die Fortpflanzungszeit beginnt bei Stichlingen üblicherweise im April und dauert bis Juli. Zu dieser Zeit schwimmen Männchen und Weibchen in seichtere Bereiche des Gewässers. Während die Weibchen weiter in der Gruppe unterwegs sind, errichtet das Männchen ein Territorium. Für das Nest hebt es am Boden eine Mulde aus. In dieser Mulde errichtet es ein tunnelartiges Nest, indem es Pflanzenmaterial, oft fädige Algen, Sand und Debris einträgt und zusammenklebt*.

Danach beginnt es mit den charakteristischen Tänzen Weibchen anzulocken. Es schwimmt im Zickzack auf das Weibchen zu und beisst es zuweilen an verschiedenen Körperstellen. Das Männchen schwimmt anschliessend ins Nest zurück, wohin ihm das Weibchen folgt. Das interessierte Weibchen entwickelt eine kontrastreichere Färbung und nimmt eine Kopf-hoch Position ein. Ist es bereit abzulaichen, schlüpft es ins Nest. Während es im Nest verharrt, stimuliert das Männchen die Muskeln im Schwanzbereich des Weibchens, das daraufhin mit dem Heben des Schwanzes signalisiert, dass es beginnt abzulaichen. Hat das Weibchen das Ablaichen beendet, verlässt es das Nest, sofort verfolgt vom Männchen, das schliesslich die Eier befruchtet und das Weibchen verjagt, damit dieses die Eier nicht frisst. Der Weg ist nun frei für weitere Weibchen, die laichbereit sind(Ostlund-Nilsson 2007).

Die Brutpflege ist Sache des Männchens

Nachdem das Männchen ca. 20 Laiche von verschiedenen Weibchen gesammelt hat, beginnt es schliesslich mit der Brutpflege. Es verteidigt das das Nest gegen Artgenossen und andere Laichräuber  und fächelt den Eiern mit den Brustflossen sauerstoffreiches Wasser zu. Durch das Fächeln erzeugt es eine Wasserströmung durchs Nest. Ohne dieses Fächeln sterben die Eier ab. Der Übergang zur Pflegephase ist hormonell gesteuert. In dieser Phase verliert das Männchen seine Hochzeitsfärbung und ist somit weniger auffällig. Die Larven verlassen das Nest abhängig von der Wassertemperatur nach ca. fünf bis zehn Tagen (Ostlund-Nilsson 2007, Blaker 2022).

Nachdem die Larven geschlüpft sind, repariert das Männchen das Nest oder legt ein neues an.

Das Aggressionsverhalten von männlichen Stichlingen ist relativ gut untersucht. Grössere Männchen sind häufig dominant gegenüber kleineren Männchen. Das aggressive Verhalten und die Körpergrösse korreliert häufig mit der Territoriumsgrösse, dem Pflanzenbewuchs, der Komplexität des Habitats oder der Tiefe: bessere Territorien bieten mehr Nahrung und sind tiefer gelegen und somit besser vor Raubfeinden von oben geschützt. Die grössten Männchen verteidigen die grössten Territorien, die weniger komplex strukturiert sind und wo Begegnungen mit Weibchen häufiger sind. Allerdings sind sozial erfahrene Männchen weniger aggressiv gegenüber Nachbarn als sozial unerfahrene Männchen.

*Das Männchen produziert während der Brutsaison ein Glycoprotein, das Spiggin, das es infolge des Anstiegs der Androgenkonzentration in der Niere produziert und mit dem es das Nest zusammenklebt. Der Name Spiggin rührt vom schwedischen Namen spigg her für Dreistachliger Stichling.
 

Stichlinge sind ein sehr beliebtes Forschungssubjekt. Die Art eignet sich für die Laborhaltung, weil sie häufig und weit verbreitet ist und eine eher geringe Grösse aufweist (Blaker 2022).

Sein Fortpflanzungsverhalten hat die Art insbesondere für die Verhaltensbiologie interessant gemacht.

Früh schon wurde sein gesamtes Genom sequenziert (Kingsley 2003), wodurch er zu einem enorm wichtigen Modelltier für die Erforschung der Wirbeltierevolution wurde.

Stichlinge sind für die Evolutionsbiologie so besonders interessant, weil sich die Art sehr gut an neue Umgebungen anpassen kann und es durch die Selektion immer wieder zu ökologischer Artenbildung kommt. Gut untersucht ist dieser Vorgang, als nach der letzten Eiszeit die Stichlinge begannen, vom Meer her die Süssgewässer wieder zu besiedeln (s. auch Verbreitung) (Lucek 2010).

Stichlingsforschung im Bodensee

Im Bodensee sind die Stichlinge sehr gut untersucht, denn sie gehören zu den Neobiota*, also zu den Arten, die in diesem See ursprünglich nicht heimisch waren und durch menschliche Aktivität verbreitet wurden. In diesem See ist die Art seit 1951 nachgewiesen. Zuerst besiedelte sie vorwiegend die Uferzone, seit 2012 stiess sie schliesslich zahlreich ins Freiwasser vor, wo er in eine Tiefe von 50 Metern vorkommt. Stichlinge besiedeln im Bodenseeraum auch die umliegenden Bäche und Flüsse. Dabei handelt es sich beim See- bzw. Bach-/Flusstyp um verschiedene Ökotypen mit unterschiedlichen Merkmalen und Anpassungen.

Anzahlmässig ist es heute mittlerweile die Art, die am häufigsten im Bodensee vorkommt. Warum sie sich ins Freiwasser ausbreiteten, ist bis heute nicht geklärt. Die Stichlinge im Bodensee werden als Ursache für den Rückgang der Felchen im Freiwasser vermutet, da die beiden Arten um das Zooplankton als Nahrung konkurrieren (seewandel.org).

*Neobiota
In Europa beschreibt dieser Begriff Tierarten (Neozoen) oder Pflanzenarten (Neophyten), die sich nach 1492 (Landung von C. Kolumbus in Amerika) mit menschlicher Einflussnahme in einem Gebiet etabliert haben, in dem sie ursprünglich nicht vorkamen.

Stichlinge schwimmen in der Gruppe

Stichlinge leben ausserhalb der Fortpflanzungszeit in gemischtgeschlechtlichen Gruppen. Für die Fortpflanzung beziehen die Männchen ein Territorium, in dem sie ein Nest für den Laich bauen. Nach der Eiabgabe durch das Weibchen, verteidigen die Männchen die befruchteten Eier, bis die Larven nach ein paar Tagen schlüpfen.

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Stichling in Deckung

Stichlinge brauchen deckungsreiche Habitate, da sie viele Fressfeinde haben.

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Dreistachliger Stichling - Männchen mit schöner Färbung

Zu Beginn der Fortpflanzung entwickelt das Männchen sogenannte sekundäre Geschlechtsmerkmale, indem sich seine Wangen und die Kehle sowie sein Bauch rot und die Iris blau verfärben. Diese Farben sind wichtig für den Fortpflanzungserfolg.

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Dieses Video aus dem Bodensee zeigt die Fortpflanzung von Stichlingen mit Nestbau, Eiablage- und Befruchtung sowie die Verteidung des Laichs.  

Zusammenfassungen von Studien zum Stichling in der Bibliothek

Stichlinge haben eine Vorliebe für grosse Röhren
Lauert der Feind, ist es gut, ein sicheres Versteck zu haben. Der Dreistachlige Stichling steht bei vielen Arten auf dem Speisezettel und braucht deshalb zum Überleben solche Fluchtorte. Doch Versteck ist nicht gleich Versteck (Jones 2024). 

Natürliche Umwelt beeinflusst Verhalten im Labor
Das Lern- und Erinnerungsvermögen sowie die Scheuheit von wilden Stichlingen im Labortest wird vermutlich stark davon beeinflusst, welche Bedingungen in ihrem natürlichen Lebensraum herrschen (Brydges et al., 2009).

Fangstress kann reduziert werden
Dreistachligen Stichlinge, Bischofskärpflinge und Regenbogenforellen reagieren unterschiedlich auf das Fangen mit Netz oder mit einem Behälter (Brydges et al, 2009).

Die Haltung muss auf die Art abgestimmt sein
Verschiedene Studien zeigen, dass die Anreicherung der Umwelt positiv auf Tiere wirkt, auch auf Fische. Trotzdem bleibt die Frage, welche Anreicherung für welche Fischart geeignet ist (Wootton et al, 2006).

Literatur

Dahms, C., Roch, S., Elmer, K. R., Ros, A., Brinker, A., & Jacobs, A. (2024). Intra-lake origin and rapid expansion of invasive pelagic three-spined stickleback in Lake Constance. Neobiota, 92. (abstract)
Hudson, C. M., Cuenca Cambronero, M., Moosmann, M., Narwani, A., Spaak, P., Seehausen, O., & Matthews, B. (2023). Environmentally independent selection for hybrids between divergent freshwater stickleback lineages in semi-natural ponds. Journal Of Evolutionary Biology, 36, 1166-1184. (abstract)
Blaker, E., Sebire, M., Ellis, T., Katsiadaki, I., D'Angelo, L., & de Girolamo, P. (2022). Chapter 14 - The housing, care, and use of a laboratory three-spined stickleback colony. In Laboratory Fish in Biomedical Research (S. 349-371). Academic Press. (abstract)
Ogorelec, Ž., Brinker, A., & Straile, D. (2022). Small but voracious: Invasive generalist consumes more zooplankton in winter than native planktivore. NeoBiota 78: 71–97. Neobiota, 78, 71-79.
Hudson, C. M., Lucek, K., Marques, D. A., Alexander, T. J., Moosmann, M., Spaak, P., et al. (2021). Threespine Stickleback in Lake Constance: The Ecology and Genomic Substrate of a Recent Invasion. Frontiers In Ecology And Evolution, 8. (abstract)
Tibblin, P., Hall, M., Svensson, A., Merilä, J., & Forsman, A. (2020). Phenotypic flexibility in background-mediated color change in sticklebacks. Behavioral Ecology, 31, 950-959. (abstract)
Marques, D. A., Lucek, K., Sousa, V. C., Excoffier, L., & Seehausen, O. (2019). Admixture between old lineages facilitated contemporary ecological speciation in Lake Constance stickleback. Nature Communications, 10, 4240.
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Clarke, J. M., & Schluter, D. (2011). Colour plasticity and background matching in a threespine stickleback species pair. Biological Journal Of The Linnean Society, 102, 902-914.
Lucek, K., Roy, D. E. N. I. S., Bezault, E., Sivasundar, A. R. J. U. N., & Seehausen, O. (2010). Hybridization between distant lineages increases adaptive variation during a biological invasion: stickleback in Switzerland. Molecular Ecology, 19, 3995-4011. (abstract)
Mehlis, M., Bakker, T. C. M., & Frommen, J. G. (2008). Smells like sib spirit: kin recognition in three-spined sticklebacks (Gasterosteus aculeatus) is mediated by olfactory cues. Animal Cognition, 11, 643-650. (abstract)
Ostlund-Nilsson, S., Mayer, I., & Huntingford, F. (2007). Biology of the three-spined stickleback. In CRC Marine Biology Series. Boca Raton: CRC Press. (abstract)
Frommen, J. G., Brendler, C., & Bakker, T. C. M. (2007). The tale of the bad stepfather: male three-spined sticklebacks Gasterosteus aculeatus L. recognize foreign eggs in their manipulated nest by egg cues alone. Journal Of Fish Biology, 70, 1295-1301. (abstract)
Frommen, J. G., & Bakker, T. C. M. (2004). Adult three-spined sticklebacks prefer to shoal with familiar kin. Behaviour, 11-12 Aufl., Bd. 141, S. 1401-1409. (abstract)
Webster, M. M., & Hart, P. J. B. (2004). Substrate discrimination and preference in foraging fish. Animal Behaviour, 68, 1071-1077.
Kingsley, D. M. (2003). Sequencing the genome of threespine sticklebacks (Gasterosteus aculeatus). National Human Genome Research Institute White Paper.