Kupferstreifen-Pinzettfisch (Chelmon rostratus)

Verhaltensstörungen - Anzeichen von Überforderung

Jede Tierart hat während seiner Evolution ein arttypisches Verhaltensrepertoire entwickelt, mit dem es den Herausforderungen seiner Umwelt begegnen kann. Dieses Verhalten wird fortwährend durch die vorherrschenden Umweltbedingungen geformt. Man bezeichnet das Verhalten, das die Tiere unter natürlichen Bedingungen zeigen, als Normalverhalten.

Jede Tierart hat während seiner Evolution ein arttypisches Verhaltensrepertoire entwickelt, mit dem es den Herausforderungen seiner Umwelt begegnen kann. Dieses Verhalten wird fortwährend durch die vorherrschenden Umweltbedingungen geformt. Man bezeichnet das Verhalten, das die Tiere unter natürlichen Bedingungen zeigen, als Normalverhalten.

Evoluiertes Verhaltensrepertoire

Auch unsere Heim- und Nutztiere weisen trotz Zucht und Domestikation noch immer das Verhaltensrepertoire ihrer Vorfahren (Stammformen) auf. Das Verhaltensrepertoire umfasst sämtliche Verhaltensweisen eines Tiers. Es kann sein, dass sich in der Haltung unter menschlicher Obhut die einzelnen Verhaltensmuster in der Häufigkeit, der Dauer und dem Ablauf verändern, durch künstliche Einrichtungen wie z.B. Futterautomaten ausgelöst werden können oder nicht mehr auftreten, wie zum Beispiel die Abwehr von einem Feind. Wird dem Tier in einem Haltungssystem erlaubt, möglichst viel von seinem Normalverhalten auszuleben und seine Bedürfnisse zu decken, kann man davon ausgehen, dass sein Wohlbefinden gut ist.

Überforderung der Anpassungsfähigkeit

Die Tiere können aber nur innerhalb des Rahmens ihres Verhaltensrepertoires auf künstliche Haltungsbedingungen reagieren und sich anpassen. Wenn die Haltungsbedingungen diese Anpassungsfähigkeit überfordern, kann es neben gesundheitlichen Schäden und Stress auch zu Verhaltensstörungen kommen. Eine sehr häufig auftretende Verhaltensstörung sind Stereotypien.

Stereotypien

Definition: Eine Stereotypie ist ein repetitives Verhalten, das infolge von Frustration, wiederholten erfolglosen Versuchen mit der Umgebung zurecht zu kommen und Fehlfunktionen im Gehirn auftritt.

Aufgrund der aktuellen Erkenntnisse geht man davon aus, dass eine Stereotypie eine krankhafte Störung bestimmter Hirnfunktionen ist. Eine solche Störung entsteht, wenn wegen einer reizarmen Haltungsumgebung die Hirnentwicklung nicht stimuliert wird und die Tiere chronisch daran gehindert werden, arttypisches Verhalten auszuführen, also frustriert und daher gestresst sind.

Dies betrifft vor allem hoch motiviertes Verhalten, das für das Überleben und die Fortpflanzung wichtig ist. Das Tier bleibt hoch motiviert und versucht immer wieder, das Verhalten auszuführen. Als Folge entstehen über die Zeit diese repetitiven Verhalten wie beispielsweise das stundenlange Weben einzeln gehaltener Elefanten, das ununterbrochene Stangenbeißen bei Schweinen oder das Hin- und Hergehen von Raubtieren. Stereotypien können auch aufgrund genetischer Defekte oder Krankheiten entstehen.

Sich entwickelnde Stereotypien können wieder verschwinden, wenn das Tier in einem frühen Stadium der Hirnentwicklung in eine artgerechte Haltung gebracht wird. Je länger eine Stereotypie jedoch bereits besteht, desto schwieriger wird es, sie zu beheben. Es ist also überaus wichtig, dass die Tiere in einer artgemässen, stimulierenden Umgebung aufwachsen.

Ein Beispiel einer Stereotypie ist das „Im Kreis schwimmen“, ähnlich dem stereotypen Hin- und Hergehen bei Säugetieren im Zoo. Diese Süsslippe zeigt diese Verhaltensstörung, die auf eine Überforderung des Tiers hinweist.

Das Fuchsgesicht (Siganus vulpinus) gehört zu den Doktorfischartigen (Acanthuriformes) und lebt im Korallenriff. Dieses Exemplar stereotypiert stark: Es schwimmt monoton immer die gleiche Runde über längere Zeit.

Literatur

Wechsler, B. (2007). Normal behaviour as a basis for animal welfare assessment. Animal Welfare, 16, 107-110.
Mason, G., & Rushen, J. (2006). Stereotypic Behaviour in Captive Animals: Fundamentals and Applications for Welfare. 2nd ed. (2nd Aufl.). In (2nd Aufl.).