Aquarium - Unterwasserwelt

Anreicherung aktiviert Hirn und räumliches Lernen

Junge Lachse aus strukturierten Aquarien zeigen eine erhöhte genetische Aktivität in der Hirnregion, die mit dem räumlichen Lernen in Zusammenhang steht (Salvanes et al., 2013).

Erfahrungen, die Tiere während der frühen Entwicklung machen, haben Auswirkungen auf das Verhalten der Tiere und ihre Fähigkeit, sich in unterschiedlichen Umgebungen zurechtzufinden. Tiere, die in Gefangenschaft aufwachsen, zeigen häufig ein weniger variables und flexibles Verhalten sowie kleinere und weniger aktive Hirnregionen als ihre wilden Artgenossen. Vermutlich hängt das mit den wenig herausfordernden, immer gleichen Umgebungsbedingungen zusammen.

Den Unterschieden im Verhalten von Tieren scheinen neurophysiologische und strukturelle Veränderungen im Gehirn zugrunde zu liegen. Bereits in anderen Studien (siehe unten) wurde gezeigt, dass eine angereicherte Umgebung Einfluss auf die Neubildung von Hirnzellen hat. Noch nie aber wurde bei Fischen der Zusammenhang von neuronaler Plastizität (Veränderlichkeit) und räumlichen Lernen gezeigt.

Verhaltenstest im Labyrinth mit Lachsen

Genau dies wurde nun an jungen Lachsen (Salmo salar) untersucht. Die von einer Wildpopulation abstammenden Lachse wurden im Alter von zehn Monaten in Aquarien einquartiert, die mit Kieseln, Steinen und künstlichen Pflanzen angereichert waren. Als Kontrolle fungierten Lachse, die in den üblichen, unstrukturierten Aquarien gehalten wurden. Im Alter von zwölf Monaten wurden alle Lachse in einem Labyrinth einem Verhaltenstest unterzogen. Die Autoren analysierten die Expression eines bestimmten Gens im Vorderhirn, das bekanntermassen eine Rolle in Zusammenhang mit Lernen und Erinnern spielt (Genexpression = Bildung des Genprodukts, das vom Gen kodiert wird). Auf der Verhaltensebene wurde gemessen, wie viele Fehler die Lachse im Labyrinth machten und wie schnell sie jeweils den Ausgang aus dem Labyrinth fanden.

Besser entwickelte Gehirne bewirkt flexibleres Verhalten

Es zeigte sich, dass bei den Lachsen aus der angereicherten Umgebung die genetische Aktivität in der Hirnregion, die mit räumlichem Lernen assoziiert wird, erhöht war. Zudem fanden diese Lachse den Ausweg aus dem Labyrinth schneller als ihre Artgenossen aus der strukturlosen Umgebung. Es gibt also einen Zusammenhang zwischen der neuronalen Plastizität und der räumlichen Lernfähigkeiten der Lachse. Eine angereicherte Umgebung führt zu Veränderungen der entsprechenden Hirnregion und einer erhöhten Flexibilität im Verhalten und Lernen der Fische.

Diese Erkenntnisse sollten Einfluss auf die Haltungsbedingungen von Tieren haben, die für die Auswilderung vorgesehen sind, da ein flexibleres Verhalten die Überlebenswahrscheinlichkeit erhöht. Wichtig sind diese Erkenntnisse aber auch für die Haltung von Labortieren, die in Verhaltensstudien eingesetzt werden.

Weitere Informationen

Folgende deutschen Zusammenfassungen von Studien zum Thema sind in der Bibliothek zu lesen:

Besserer Lernerfolg durch reizreiche Umgebung
Die Haltungsumgebung hat einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung und das Verhalten von Fischen (Strand et al, 2010).

Mehr Umgebungsstrukturen, mehr Hirn
Zebrafische zeigen eine erhöhte Nervenzellbildung im Gehirn, wenn sie in einer angereicherten Umgebung gehalten werden (von Krogh et al, 2010).

Eine reizarme Umgebung reduziert die Hirngrösse
Umweltbedingungen haben einen Einfluss auf die Entwicklung des Gehirns (Burns et al, 2009). 

Literatur

Salvanes, A. G. V., Moberg, O., Ebbesson, L. O. E., Nilsen, T. O., Jensen, K. H., & Braithwaite, V. A. (2013). Environmental enrichment promotes neural plasticity and cognitive ability in fish. Proceedings Of The Royal Society B-Biological Sciences, 280, 7. (abstract)